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Ein Kreditinstitut darf von einer Vergleichszahlung wegen angeblich fehlerhafter Anlageberatung bei der Zeichnung eines Schiffsfonds keine Kapitalertragsteuer abziehen. Dies hat das Oberlandesgericht Hamm in einem Fall entschieden, in dem die steuerliche Konzeption des Schiffsfonds darauf abzielte, dass der Anleger als Mitunternehmer einzustufen ist und gewerbliche Einkünfte erzielt. Hier erhalte der Anleger gerade keine kapitalertragsteuerpflichtigen Einkünfte aus Kapitalvermögen, so das Urteil vom 23.10.2018 (Az.: 34 U 10/18, BeckRS 2018, 29977).
Die Beklagte hatte das klagende Kreditinstitut zunächst in einem Vorprozess vor dem Landgericht Essen wegen angeblich fehlerhafter Anlageberatung auf Schadenersatz in Anspruch genommen. Sie verlangte unter anderem die Erstattung des von ihr mit 8.407 Euro bezifferten Anlageschadens gegen Rückübertragung der Beteiligung an dem Schiffsfonds, zu der ihr das Kreditinstitut geraten hatte. Dieser Schiffsfonds basierte darauf, dass der Anleger als Mitunternehmer einzustufen war und als solcher Einkünfte aus Gewerbebetrieb erzielte. Zur Verfahrensbeendigung schlossen die Parteien einen gerichtlichen Vergleich, wonach das Kreditinstitut an die Beklagte eine Zahlung von 4.000 Euro leisten und die Beteiligung an dem Schiffsfonds bei der Beklagten verbleiben sollte.
Das Kreditinstitut zahlte an die Beklagte lediglich 3.248,16 Euro. Den Restbetrag behielt es als Kapitalertragsteuer ein und führte sie ab. Die Beklagte verlangte allerdings weiterhin den Restbetrag, weil nach ihrer Auffassung die Vergleichszahlung nicht der Kapitalertragsteuer unterlag.
Hiergegen hat sich das Kreditinstitut mit seiner Klage an das Landgericht Essen (Az.: 6 O 358/17) gewandt und unter anderem die Herausgabe der vollstreckbaren Ausfertigung des Vergleichs gefordert. Es hat sich darauf berufen, dass es zur Abführung der Kapitalertragsteuer auf den Vergleichsbetrag gesetzlich - nach § 20 Abs. 3 EStG - verpflichtet gewesen sei. Das LG ist dieser Auffassung gefolgt. Deshalb hat es die Zwangsvollstreckung der Beklagten aus dem gerichtlichen Vergleich für unzulässig erklärt und sie zur Herausgabe der vollstreckbaren Ausfertigung des Vergleichs verurteilt.
Das OLG Hamm hat nun auf die Berufung der Beklagten das Urteil des LG abgeändert und die Klage abgewiesen. Für das Kreditinstitut sei eindeutig erkennbar gewesen, dass die Vergleichssumme - soweit sie der Abgeltung des Anlageschadens und vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten gedient habe - nicht der Kapitalertragsteuer unterliege. Die steuerliche Konzeption des Schiffsfonds habe nämlich darauf abgezielt, dass der Anleger als Mitunternehmer einzustufen sei und gewerbliche Einkünfte erziele. Bei einer solchen Gestaltung erhielte der Anleger gerade keine Einkünfte aus einem Kapitalvermögen, sodass auch keine Kapitalertragsteuerpflicht bestehe. Aufgrund der Angaben in dem Verkaufsprospekt zu dem Schiffsfonds hätte dem klagenden Kreditinstitut dies bewusst sein müssen.
OLG Hamm, Zur Frage der "eindeutigen Erkennbarkeit" des Nichtbestehens einer Kapitalertragssteuerpflicht aufgrund des zum Vertrieb der Beteiligung verwendeten Anlageprospekts, BeckRS 2018, 29977 (ausführliche Gründe)
Fundstelle: BeckRS, 2018, 29977