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becklink 2018413 |
Ein Unternehmer, der dem Finanzamt Rückstände aus Einkommen- und Gewerbesteuer für zurückliegende Jahre schuldete, hatte im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes um Vollstreckungsschutz nachgesucht. Er berief sich auf das BMF-Schreiben vom 19.03.2020, das das der Finanzverwaltung durch § 258 AO eröffnete Ermessen über die Einstellung von Vollstreckungsmaßnahmen dahin lenkt, bis zum 31.12.2020 von solchen Maßnahmen bei allen rückständigen oder bis zu diesem Zeitpunkt fällig werdenden Steuern abzusehen, wenn der Vollstreckungsschuldner unmittelbar und nicht unerheblich von der Pandemie betroffen ist. Nach Auffassung des Finanzamtes gilt dies indes nicht für Rückstände aus der Zeit vor Verkündung der SARS-CoV-2-Eindämmungsverordnung vom 14.03.2020.
Laut FG ist die Ansicht des Finanzamtes nicht vom Wortlaut des BMF-Schreibens gedeckt. Im Gegenteil solle im Regelfall der Ermessensausübung in Anbetracht der wirtschaftlichen Belastungen durch die Corona-Pandemie von Vollstreckungsmaßnahmen abgesehen werden. Es sei auch nicht erforderlich, dass die Rückstände bis zum 31.12.2020 getilgt werden können.
Der Vollstreckungsschutz gelte allerdings nicht für die offenen Gewerbesteuern, da das BMF-Schreiben ausdrücklich nur die von den Landesfinanzbehörden im Auftrag des Bundes verwalteten und ganz oder teilweise dem Bund zufließenden Steuern erfasse. Dazu gehöre die von den Ländern als eigene Angelegenheit verwaltete Gewerbesteuer nicht.
Im Ergebnis blieb der Antrag des Unternehmers ohne Erfolg: Er hatte es versäumt hatte, seine Vermögensverhältnisse lückenlos offenzulegen. Dies betraf laut FG insbesondere den Inhalt eines von ihm unterhaltenen Bankschließfachs. Gegen die Entscheidung ist beim Bundesfinanzhof unter dem Aktenzeichen VII B 178/20 (AdV) die Revision anhängig.
BFH, Kein rückwirkender Corona-Schutz vor Vollstreckungsmaßnahmen, NJW 2020, 3196
FG Hessen, Kein Vollstreckungsschutz bei bereits vor Corona-Pandemie beantragten Insolvenzverfahren, DStRE 2020, 1011
Rothbächer, Der Vollstreckungsaufschub gemäß § 258 AO als Teil des Schutzschilds in der Corona-Krise, DStR 2020, 1014
Corona-Schutz vor Vollstreckungsmaßnahmen gilt nicht rückwirkend, Meldung der beck-aktuell-Redaktion vom 03.09.2020, becklink 2017349