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Die pandemiebedingten Beeinträchtigungen des Hochschulbetriebs gehen weiterhin mit besonderen Nachteilen für die Studierenden einher. Das Saarland, Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern, Thüringen und Rheinland-Pfalz haben sich daher entschlossen, nach dem Sommersemester auch das Wintersemester 2020/21 nicht auf die Freischuss-Frist anzurechnen. Weitere Länder wollen sich anschließen, Sachsen ist explizit gegen eine Anrechnung.
Im Saarland haben sich das Justizministerium und die rechtswissenschaftliche Fakultät der Universität des Saarlandes verständigt, die Regelung, wonach das vergangene Sommersemester nicht bei der Freischuss-Regelung angerechnet wird, auf das aktuelle Wintersemester auszuweiten. Danach sollen Examenskandidaten, die planmäßig unmittelbar im Anschluss an dieses Wintersemester die staatliche Pflichtfachprüfung im Februar 2021 im Freiversuch ablegen würden, die Prüfung auch noch im darauffolgenden Prüfungstermin im Freiversuch schreiben können. Denn die Einschränkungen im Studienbetrieb in den beiden Semestern, wie beispielsweise die stark reduzierten Nutzungsmöglichkeiten von Bibliotheken, solle nicht zulasten von Studierenden gehen, erklärte Staatssekretär Roland Theis.
Auch in Hamburg will die Behörde für Justiz und Verbraucherschutz eine kurzfristige Änderung des Hamburgischen Juristenausbildungsgesetzes erreichen. Geplant sei, dass das aktuell laufende Wintersemester ebenso wie das vergangene Sommersemester nicht auf die Anmeldefrist für den Freiversuch angerechnet werden soll. Im Semester erbrachte Leistungen würden hingegen anerkannt. Justizsenatorin Anna Gallina (Grüne) sage, damit sollten die Störungen des Lernbetriebs durch Corona "so gut es geht" ausgeglichen werden. "Diesen Wunsch haben auch viele Jurastudierende geäußert." Mecklenburg-Vorpommern, Thüringen und Rheinland-Pfalz haben sich ebenfalls zu diesem Schritt entschlossen und zählen das Wintersemester nicht mit.
In Bayern hat Wissenschaftsminister Bernd Sibler (CSU) eine diesen Regelungen entsprechende Änderung der Ausbildungsordnung angekündigt. Gleiches gilt in Schleswig-Holstein. Der Erlass, der die Anrechnung des Wintersemesters 2020/21 als Corona-bedingtes Freisemester ermöglicht, sei in Vorbereitung, erklärte Justizminister Claus Christian Claussen (CDU) am 15.01.2021.
Anders handhabt Sachsen die Situation. Das Wintersemester 2020/21 werde auf die Studienzeit für den Freiversuch angerechnet, erklärte das Landesjustizprüfungsamt. Die Voraussetzungen für eine Nichtanrechnung lägen - anders als im Sommersemester 2020 - nicht mehr vor. Zwar sei die Pandemielage derzeit in Sachsen besonders ausgeprägt, aber die Studierenden hätten sich im Alltag wie bei der Examensvorbereitung seit dem Frühjahr 2020 auf die schwierigen Umstände hinreichend einstellen können. Eine Nichtanrechnung von zwei Semestern erscheine zur Kompensation pandemiebedingter Nachteile nicht geboten.
Die Freiversuchsregelung in den Juristenausbildungsgesetzen der Länder sieht vor, dass die staatliche Pflichtfachprüfung im Fall des Nichtbestehens als nicht unternommen gilt (Freiversuch), wenn sie nach ununterbrochenem Studium des Rechts spätestens im Rahmen des unmittelbar auf das Vorlesungsende des achten Semesters folgenden Prüfungstermins abgelegt wird. Dies soll Studierende begünstigen, die ihr Studium zügig vorantreiben und frühzeitig abschließen. Sie erhalten zusätzlich zu den regulären zwei Prüfungsversuchen einen weiteren, dritten hinzu.
Kilian, 25 Jahre Freiversuch in der Ersten Juristischen Prüfung: Eine Bilanz, JuS 2016, 669
VG Hamburg, Regelstudienzeit, schwerwiegender Grund, Freiversuch, Fristeverlängerung, Freiversuch, Erste juristische juristische Staatsprüfung, schwerwiegender Grund, BeckRS 2010, 49582
VG Hamburg, Erste Juristische Staatsprüfung Freischuss angemessene Zeit zur Wiederholung, BeckRS 2006, 25361
Schöbel, Neuordnung der Juristenausbildung, ZRP 2001, 434
Wintersemester 2020/21 zählt in Mecklenburg-Vorpommern nicht für Freischuss, Meldung der Redaktion beck-aktuell vom 15.01.2021, becklink 2018580
Weitere Länder entscheiden über Corona-Anpassungen am "Freischuss", Meldung der beck-aktuell-Redaktion vom 15.05.2020, becklink 2016331
Niedersachsen ermöglicht späteren Freischuss im Jura-Studium, Meldung der beck-aktuell-Redaktion vom 14.05.2020, becklink 2016307
djb fordert Chancengleichheit der juristischen Ausbildung auch in aktueller Pandemiesituation, Meldung der beck-aktuell-Redaktion vom 27.04.2020,
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